Brainteaser in der Bewerbung: Herausforderung oder überholte Praxis?

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Brainteaser

Unternehmen suchen immer nach neuen Methoden, um die besten Talente zu identifizieren und anzuziehen. Eine dieser Methoden, die vor allem in der Tech- und Beratungsbranche populär ist, sind sogenannte Brainteaser – knifflige Rätsel und Denkaufgaben, die Bewerber oft aus dem Konzept bringen sollen. Doch wie sinnvoll sind diese Fragen wirklich? Sind sie eine faire und effektive Methode, um die Eignung eines Kandidaten zu testen, oder stellen sie eine überholte Praxis dar, die mehr schadet als nützt?

Brainteaser sind Fragen, die weniger auf Fachwissen abzielen, sondern vielmehr das logische Denken, die Kreativität und die Problemlösungsfähigkeiten eines Kandidaten testen sollen. Typische Beispiele sind:

  • Wie viele Golfbälle passen in ein Flugzeug?
  • Warum sind Gullydeckel rund?
  • Wie viele Klavierstimmer gibt es in New York City?

Diese Fragen sind oft darauf ausgelegt, keine eindeutige richtige Antwort zu haben. Vielmehr geht es darum, zu sehen, wie der Bewerber an das Problem herangeht, wie er unter Druck reagiert und ob er kreativ und logisch denken kann.

Brainteaser wurden in den 1990er Jahren durch große Technologieunternehmen wie Microsoft und Google populär. Die Idee war, Bewerber durch unerwartete und herausfordernde Fragen aus der Reserve zu locken und so ihre Fähigkeit zur Problemlösung zu testen. Insbesondere in der Tech-Branche, wo kreatives Denken und innovative Lösungen gefragt sind, schien dies eine passende Methode zu sein.

Die Vorteile von Brainteasern

Test der Problemlösungsfähigkeit: Ein klarer Vorteil von Brainteasern ist, dass sie die Problemlösungsfähigkeit und das analytische Denken eines Kandidaten auf die Probe stellen. Da die meisten dieser Fragen keine klaren Antworten haben, müssen Bewerber ihre Denkprozesse erklären und zeigen, wie sie strukturiert und logisch vorgehen.

Stressresistenz: Brainteaser können auch dazu dienen, die Stressresistenz eines Kandidaten zu testen. In vielen Berufen ist es wichtig, auch unter Druck ruhig und konzentriert zu bleiben. Wer einen Brainteaser souverän löst, zeigt, dass er auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren kann.

Kreativität und Innovation: Einige Brainteaser erfordern kreative und unkonventionelle Lösungsansätze. Dies kann besonders in Branchen von Vorteil sein, die stark auf Innovation angewiesen sind. Ein Bewerber, der in der Lage ist, „out of the box“ zu denken, kann wertvolle neue Perspektiven in ein Unternehmen einbringen.

Kritik an Brainteasern

Eine der Hauptkritiken an Brainteasern ist, dass sie wenig über die tatsächliche Eignung eines Kandidaten für die ausgeschriebene Stelle aussagen. Nur weil jemand gut darin ist, kreative Antworten auf abstrakte Fragen zu finden, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er auch die praktischen Anforderungen des Jobs erfüllt.

Brainteaser können bei Bewerbern außerdem zu großer Nervosität und Stress führen. Dies kann insbesondere für weniger selbstbewusste Kandidaten problematisch sein, die ihre eigentlichen Fähigkeiten unter diesem Druck nicht adäquat präsentieren können. Dies kann dazu führen, dass potenziell hervorragende Mitarbeiter frühzeitig aus dem Bewerbungsprozess ausscheiden.

Alternativen zu Brainteasern

Statt abstrakter Brainteaser könnten praxisorientierte Aufgaben gestellt werden, die direkt mit den Tätigkeiten der ausgeschriebenen Position zu tun haben. Dies könnten Fallstudien, Simulationen oder spezifische Projektaufgaben sein, die realistische Szenarien darstellen und die praktischen Fähigkeiten eines Bewerbers testen.

Ein gut strukturiertes Interview, das auf verhaltensbezogenen Fragen basiert, kann zudem eine effektivere Methode sein, um die Eignung eines Kandidaten zu beurteilen. Hierbei werden Fragen gestellt, die sich auf konkrete Erfahrungen und Verhaltensweisen beziehen, wie zum Beispiel: „Erzählen Sie mir von einer Zeit, in der Sie ein schwieriges Projekt erfolgreich abgeschlossen haben.“

Psychometrische Tests, die Persönlichkeit, kognitive Fähigkeiten und berufliche Interessen messen, können eine objektivere Alternative zu Brainteasern darstellen. Diese Tests sind standardisiert und können wertvolle Einblicke in die Fähigkeiten und das Potenzial eines Kandidaten bieten.

Fazit

Brainteaser in Bewerbungsgesprächen sind ein zweischneidiges Schwert. Während sie wertvolle Informationen über die Problemlösungsfähigkeiten und die Kreativität eines Kandidaten liefern können, haben sie auch erhebliche Nachteile, insbesondere hinsichtlich ihrer Aussagekraft. Unternehmen sollten sorgfältig abwägen, ob der Einsatz solcher Fragen in ihrem Auswahlprozess wirklich zielführend ist oder ob alternative Methoden nicht aussagekräftiger und fairer sein könnten.

Letztendlich ist es wichtig, dass der Auswahlprozess nicht nur die Fähigkeiten eines Kandidaten korrekt einschätzt, sondern auch eine positive und faire Erfahrung für alle Beteiligten darstellt. Nur so kann sichergestellt werden, dass die besten Talente auch tatsächlich den Weg ins Unternehmen finden und dort ihr volles Potenzial entfalten können.

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